Ökologischer Lehrfriedhof Wonsees
Friedhöfe sind besondere Orte – nicht nur, weil dort die Toten bestattet werden. Durch die verschiedenen Garbarten, durch die verschiedenen Bepflanzungen, durch die feuchten und trockenen Flächen, durch den hohen und niedrigen Bewuchs sowie durch die schattigen und sonnigen Bereiche, fühlen sich auf einem Friedhof die unterschiedlichsten Pflanzen- und Tierarten wohl. Da Friedhöfe außerdem täglich von zahlreichen Menschen besucht werden, eignen sie sich hervorragend dazu, auf die Besonderheit der Vielfalt hinzuweisen.
Genau das passiert in einem Lehrfriedhof. Kleine Schilder mit Bildern und kurzen Texten erklären zukünftig, was sich im jeweiligen Bereich des Friedhofes befindet. So ist z.B. Moos, das viele Menschen in ihrem Rasen fürchten und bekämpfen, ein hochinteressantes Gewächs, das dem Boden, Insekten, anderen Pflanzen und dem Wasserhaushalt des Friedhofs dient.
Das Ziel ist es, Menschen aufzuklären: Wer in unserem Lehrfriedhof über die die Bedeutung von Moos in schattigen Bereichen informiert wird, gönnt sich und seinem Garten vielleicht selber, dass an der ein oder anderen Stelle das Moos wachsen darf. Wer liest, dass viele Insekten im Boden brüten, aber immer seltener geeignete Brutstätten finden, der greift hoffentlich nicht mehr zu Gift, Feuer und anderen Vernichtungsmitteln, wenn entlang seiner Einfahrt Wespen und andere Insekten ihre Löcher graben.
Ein neuer Flyer führt über unseren ökologischen Lehrfriedhof
Seit 2022 ist der Friedhof Wonsees ein sog. »ökologischer Lehrfriedhof«. Schilder auf dem Friedhof weisen auf besondere ökologische Nischen und ihre Bedeutung hin. Weitere Informationen zu unserem Lehrfriedhof finden Sie hier. Nun führt auch ein Flyer über unseren Lehrfriedhof. Der Flyer liegt in der Kirche aus und kann auch hier heruntergeladen werden.
Eröffnung des Lehrfriedhofs
Am Freitag, dem 8. Oktober 2021, wurde der der Friedhof der Evang.-Luth. Kirchengemeinde Wonsees offiziell zu einem ökologischen Lehrfriedhof. An der feierlichen Eröffnung waren u.a. Christina Flauder, stv. Landrätin des Landkreises Kulmbach, Andreas Pöhner, 1. Bürgermeister der Marktgemeinde Wonsees, Pfarrer Jürgen Harder, Vorsitzender des Vereins »Schöpfung bewahren konkret«, Pfarrerin Martina Beck, Dekanin des Dekanats Thurnau, Pfarrer Daniel Städtler, Ortspfarrer der Kirchengemeinde Wonsees, Gerlinde Ziermann, Umweltbeauftragte des Kirchenkreises Bayreuth und Kirchenvorsteherin der Kirchengemeinde Wonsees, Pfarrer Albrecht Bischoff, ebenfalls Umweltbeauftragter des Kirchenkreises Bayreuth und die Biologin Barbara Füchtbauer anwesend.
Die feierliche Eröffnung des Lehrfriedhofs begann mit einer gemeinsamen Andacht von Dekanin Martina Beck und Gemeindepfarrer Daniel Städtler. In seiner Ansprache machte Pfarrer Städtler deutlich, dass das, was Menschen Nützling und Schädling, Kraut und Unkraut nennen, für Gott gleichermaßen nutzlos ist. Gott hat die Natur nicht geschaffen, um davon zu leben, sondern weil er das Leben in allen Farben, Formen und Größen liebt. Gott erfreut sich an seiner ganzen Schöpfung; an allem, was was summt und brummt und zirpt und quiekt und muht und kräht und schnattert. Er erfreut sich sogar an den Schnecken, die den Salat fressen, und Schnaken, die den Menschen nachts ums Ohr schwirren. Städtler sagte: »Das verleiht allen Kreaturen noch einmal einen ganz anderen Wert. Unsere Welt ist nicht nur erhaltenswert, weil sie uns nützt. Sie ist erhaltenswert, weil Gott sie liebt und sich an ihr erfreut. Und dieselbe Liebe ist es, die uns antreibt, die Schöpfung zu bewahren.«
Im Anschluss an die Andacht enthüllte Dekanin Martina Beck die erste von insgesamt zehn Info-Tafeln, die nun auf dem Friedhof stehen.
Die Kosten für den Druck und die Installation der Tafeln übernahm der Landkreis Kulmbach. Die stellvertretende Landrätin Christina Flauder zitierte in ihrem Grußwort das Volkslied »Weißt du, wie viel Sternlein stehen«. Vor allem die zweite Strophe besingt eine Natur, die für den Dichter des Liedes im 19. Jahrhundert noch selbstverständlich war. Heute aber, so Flauder, können wir sie nicht mehr für selbstverständlich nehmen, sondern müssen uns für sie einsetzen. Jeder sei gefragt, wenn die Natur, die da besungen wird, erhalten bleiben soll. Darum freue sie sich, dass jede der Info-Tafeln konkrete Tipps enthält, was der einzelne tun kann.
Möglich gemacht wurde der ökologische Lehrfriedhof Wonsees durch den Verein »Schöpfung bewahren konkret«. Der Verein wurde von Pfarrerinnen und Pfarrern gemeinsam mit ehrenamtlichen Umweltbeauftragten verschiedener Kirchengemeinden gegründet. Wie der Name sagt, setzt sich der Verein für konkrete Maßnahmen zur Erhaltung der Schöpfung in der Evangelischen Kirche ein. Dazu gehören natürlich auchdie Friedhöfe der Kirchengemeinden. Der Vorsitzende des Vereins, Pfarrer Jürgen Harder, gratulierte der Kirchengemeinde. Er sehe mit Freude, dass das Thema Umwelt in der Kirche immer stärker in den Fokus rückt. Mittlerweile bekommt der Verein sogar mehr Anfragen von Kirchengemeinden, als er mit seinen wenigen Ressourcen bewältigen kann.
Die ganze Entwicklung des Lehrfriedhofs Wonsees geschah auf die Initiative und unter der Leitung von Gerlinde Ziermann. Als Umweltbeauftragte der Kirchengemeinde regte sie das Projekt an und organisierte seine Umsetzung. In ihrem Grußwort dankte sie den Helferinnen und Helfern, die viel Zeit und Energie aufgewandt haben, um den Friedhof ökologisch zu gestalten. Vor allem die Friedhofsgärtnerin Christine Schubert hat bedeutenden Anteil daran, dass der Friedhof nicht nur tadellos gepflegt, sondern auch voller ökologischer Nischen ist. Der Dank von Frau Ziermann galt auch Gottfried Langenfelder, Gerhard Münch und Frank Stief, die gemeinsam mit Frau Schubert den Kalkmagerrasen auf dem Friedhof angelegt haben. Sämtliche Kosten für die verschiedenen ökologischen Maßnahmen trug die Kirchengemeinde Wonsees.
Als Höhepunkt der Veranstaltung führte Barbara Füchtbauer, die etwa 30 interessierten Gäste, über den Friedhof. Die Biologin arbeitet für den Verein »Schöpfung bewahren konkret«. Sie hat den Friedhof über einen langen Zeitraum mehrfach besucht und gründlich untersucht. Sie schlug der Kirchengemeinde ökologische Maßnahmen vor und wies auf besondere Stellen am Friedhof hin, die schützenswert sind. Daraus entwickelten sich schließlich die 10 Info-Tafeln, die sich nun am Friedhof finden.
FRIEDHÖFE - Oasen für Pflanzen und Tiere
Ein Projekt in der evangelischen Kirche zur Förderung der Biodiversität auf Friedhöfen
Friedhöfe haben häufig großes Potenzial, Pflanzen und Tieren wertvolle Lebensräume zu bieten. Mit entsprechenden Maßnahmen bei Gestaltung und Pflege können Oasen der Natur geschaffen werden. Daher hat sich die Kirchengemeinde von Diplom-Biologin Barbara Füchtbauer bzgl. sinnvoller Maßnahmen auf unserem Friedhof beraten lassen.
Nach der Besichtigung unseres Friedhofes hat sie uns Folgendes geschrieben:
„Friedhöfe – Oasen für Pflanzen und Tiere“
Unter diesem Motto steht das Naturschutzprojekt des Kirchlichen Vereins „Schöpfung bewahren konkret“.
Ich heiße Barbara Füchtbauer, bin Biologin und unterstütze Kirchengemeinden darin, die Artenvielfalt auf ihren Friedhöfen zu erhöhen.
Wie merken es selber, und es ist auch in der Presse allenthalben zu lesen: die Zahl der Insekten ist drastisch zurück gegangen. Dem wollen wir in unseren Friedhöfen gegensteuern! Oft sind es schon kleine Maßnahmen, die viel bewirken: wenn Rasenflächen nur zweimal im Jahr statt alle zwei Wochen gemäht werden, kann sich eine blütenreiche Wiese ausbilden, die vielen Insekten Nahrung bietet.
Die kleine Rasenfläche in der oberen, nördlichen Ecke ihres Friedhofs würde sich für solch eine Maßnahme anbieten, denn der Boden ist mager und der Rasen jetzt schon krautreich. Hier wollen wir seltener mähen, und zwar nur im August und im Oktober. Denn: Nur wenn die Kräuter und Gräser einer Wiese zum blühen kommen, können Insekten sich daran laben. Im Schutz einer ungemähten Wiese kann, was da kreucht und fleucht, leben und sich vermehren.
Manche kleine Rasenfläche, wie zum Beispiel nördlich der Kirche, ist stark von Moos dominiert. Das liegt am schattigen Standort und der Magerkeit des Bodens. Hier ist es das beste, die Moosbedeckung als etwas Schmuckes und Besonderes zu akzeptieren. Denn neben ihrer Funktion als Wasserspeicher wohnen im Moos viele Kleinstlebewesen, die auf diesen Lebensraum angewiesen sind.
Ein weiterer Schwerpunkt der Artenvielfalt sind alte, einheimische Bäume. Sie bieten vielen unserer Tierarten alles, was sie zum Leben brauchen: Brutplatz, Unterschlupf und Nahrung. Die Linde auf Ihrem Friedhof sollten deshalb erhalten und - wenn es die Verkehrssicherheit zulässt - nicht beschnitten werden.
Ich danke Ihnen, dass Sie mit Ihrem Friedhof einen Anteil am Artenschutz beitragen und hoffe auf Ihr Verständnis, Ihre Mitfreude und Ihre Unterstützung.
Mit herzlichen Grüßen
Barbara Füchtbauer
Herbst 2023, neues vom Friedhof: Absturzsicherung – einmal anders
Im vergangenen Jahr musste leider ein Stück der alten Trennmauer zwischen altem und neuem Friedhof abgerissen werden, da Einsturzgefahr bestand. Da an der Böschung leicht jemand abrutschen konnte, musste die Stelle natürlich gesichert werden. Die Standardlösung wäre gewesen ein neues Mauerstück anzubauen.
Zum Glück haben wir in Wonsees eine kreative Friedhofsgärtnerin. So entsteht an der Stelle eine „Stützmauer“, die nichts kostet, Lebensraum für jede Menge Kleintiere bietet und Kosten für die Entsorgung abgeschnittener Äste spart.
Eine tolle Idee. Vielen Dank an Christine Schubert.